Sicam 2022 | Trends, Zahlen und Eindrücke aus Pordenone
Die Unternehmen der Möbelzulieferindustrie prüfen heute sehr genau, welche Messen sie bespielen und welche nicht. Nur wenn ein Event wirklichen Mehrwert bringt, wird es unterstützt. Dazu zählt zweifellos die Sicam, die in diesem Jahr vom 18. bis 21. Oktober über die Bühne ging und durch diverse Neuaussteller und Rückkehrer so stark besetzt war wie noch nie. Auf Beschlägeseite kehrten unter anderem die Schwergewichte Blum, Grass und Kesseböhmer zurück, die 2021 pausiert hatten. Zudem konnte man sich erstmals ein vollständiges Bild in Sachen Dekortrends machen, denn neben Schattdecor und Surteco präsentierten sich auch Interprint (Neuaussteller) und Impress (nach zehn Jahren Abwesenheit) auf der norditalienischen Zulieferschau. Bei den Werkstoffspezialisten feierte unter anderem Sonae Arauco Messe-Premiere. Auch Egger, Swiss Krono und Kaindl waren wieder dabei. Für einen kleinen Wermutstropfen sorgten die Absagen von Hettich und Salice.
Überall herrschte trotz der allgemein schwierigen Situation beste Stimmung. Mit 590 Ausstellern (2021: 542), die die gesamte Bandbreite an Zulieferprodukten abdeckten, war das Messegelände erneut bis auf den letzten Quadratmeter belegt. Das Plus an Ausstellern kam dadurch zustande, dass man die Halle 8 erweitert und die Halle 10 so umgestaltet hat, dass mehr Platz frei wurde. Endgültige Besucherzahlen lagen am letzten Messetag noch keine vor, doch viele Aussteller zeigten sich sehr zufrieden – sowohl mit der Anzahl als auch mit der Qualität und Internationalität der Besucher. Bereits im Vorfeld waren Online-Voranmeldungen von über 6.000 Unternehmen aus 120 Ländern eingegangen. Zum Vergleich: 2021 besuchten Vertreter von 7.236 Unternehmen aus 92 Ländern die Messe. Die Veranstalter erwarteten einen ähnlich hohen Auslandsanteil wie beim letzten Mal (34 Prozent). Wie man in Gesprächen vor Ort hörte, reiste die deutsche Möbelindustrie noch zahlreicher als sonst nach Pordenone. Lediglich der Eurowings-Streik machte manch einem Möbler einen Strich durch die Reisepläne.
Durch die nahezu vollständige Präsenz der Zulieferbranche ließen sich auf der Sicam viele Trends beobachten und Produkte vergleichen, was in dieser Form lange nicht mehr möglich war. Wir haben nachfolgend die wichtigsten Entwicklungen in den Segmenten Oberflächen, Beschläge und Licht für Sie zusammengefasst.
- Oberflächen: Holz-Dekore werden eindeutig eleganter. Während manche Dekor-Neuheiten die „neue Rustikalität“ mit dezenteren Designs abbilden, gehen andere schon einen Schritt weiter und zeigen sich extrem zurückhaltend, komplett ohne Äste und Blumen. Ganz stark im Kommen sind streifige Dekore, die eine gewisse Wärme und Behaglichkeit ausstrahlen, sowie Stäbchenoptiken. Neben der Eiche, die die unangefochtene Nummer eins bleibt, finden auch Nussbaum- (in moderner Ausprägung) oder Nadelholz-Reproduktionen immer häufiger den Weg aufs Möbel. Unis sind weiter omnipräsent und haben inzwischen einen sehr hohen Stellenwert erreicht. Hier dominieren pastellige, erdige Töne: Oft zu sehen war auf der Sicam zum Beispiel ein gedecktes Grün oder ein Terrakotta-Rot. Auch Stein-Dekore werden tendenziell ruhiger, mit weniger Adern und gerne in Kombination mit Hölzern auf der Möbelfront angewendet.
- Beschläge: Das Top-Thema Nachhaltigkeit erreicht nun auch die Beschlaghersteller. Diese präsentierten zum Beispiel Besteckeinsätze aus nachwachsenden Rohstoffen, sortenrein recycelbare Kunststoffgriffe oder Einbausysteme zur Anzucht von so genannten Microgreens. Beschläge, die bisher ausschließlich in Küchenmöbeln zu finden waren, kommen jetzt auch in anderen Wohnbereichen zum Einsatz – zum Teil in weiterentwickelter Form, mit edlen Oberflächen oder in Kombination verschiedener Materialien. Überhaupt herrscht eine unglaubliche Vielfalt an Designs, mit denen sich zum Beispiel Schubkastensysteme ganz individuell gestalten lassen. In Sachen Funktion gibt es hingegen kaum neue Entwicklungen – mit Ausnahme kleinerer Detailverbesserungen.
- Licht: Bei Möbelleuchten spielt das Thema Energieeinsparung eine große Rolle. Durch verbesserte LED-Bänder erreichen manche der auf der Sicam vorgestellten Innovationen eine deutlich höhere Effizienzklasse. Zudem stehen modulare Systeme, die sich in Breite und Ausführung flexibel an die Bedürfnisse der Kunden anpassen lassen, hoch im Kurs. Ein weiterer wichtiger Trend ist die Integration von USB-C-Anschlüssen in das Möbel, mit der sich nicht nur die Lichtspezialisten, sondern auch einige Beschlägehersteller beschäftigen. Schließlich wollten die Endverbraucher heute ihre Smartphones und Tablets überall bequem aufladen können. Darüber hinaus forcieren die Lichtspezialisten auch ihre Bemühungen in Richtung Reduktion der Komplexität ihrer Produkte für Möbelhersteller, Tischler/Schreiner und Endverbraucher.
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