Bundeswaldgesetz-Entwurf: Waldbesitzer besorgt

Waldbesitzerverbände befürchten Geringschätzung der Holzproduktion, neue Verbote, neue Bürokratie und keine Entlastungen

Die Dachverbände „AGDW – Die Waldeigentümer“ und „Familienbetriebe Land und Forst“ (FaBLF) haben sich Mitte September in einem Brief an den für Forstwirtschaft zuständigen Abteilungsleiter im Bundeslandwirtschaftsministerium besorgt gezeigt über den noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Entwurf für ein neues Bundeswaldgesetz (BWaldG).

Foto: Dr. Ißleib

Sie betonen, dass in Deutschland seit 2018 rund 600 000 ha Wald neu aufgebaut und fast 3 Mio. ha, insbesondere Fichten- und Buchenbestände, umgebaut werden müssen – zusammen also knapp ein Drittel der Waldfläche Deutschlands. Für die Verbände steht vor diesem Hintergrund fest, dass „der Erhalt von Flexibilität und ein Höchstmaß an Bewirtschaftungsfreiheit gemäß unserem Grundgesetz für den Walderhalt und die Waldbesitzenden unverzichtbar sind. Nur innerhalb von Rahmenbedingungen, die ausreichend Eigentümerautonomie gewähren, können vor dem Hintergrund von Unsicherheit und Langfristigkeit sachgerechte Entscheidungen getroffen werden, die einen klimastabilen Umbau der Wälder sichern … Die künftigen Klimaveränderungen sind heute genauso wenig absehbar wie kommende Extremwetterereignisse und Kalamitäten. Vielfältige Ansätze der Wiederaufforstung und des Waldumbaus auf Basis einer Vielzahl von Eigentümerentscheidungen sind die besten Voraussetzungen für die Stabilisierung der Wälder.“ Die Verbände wenden sich gegen „allzu konkrete gesetzliche Vorgaben für die Waldbesitzenden und für den bevorstehenden Waldumbau“.

In dieser Richtung sehen sich die Vertreter des Waldbesitzes auch bestätigt durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik (vgl. HZ Nr. 5 vom 3. Februar, S. 61).

Die Verbände erklären dazu: „Umso stärker sind wir irritiert, dass Ihr Haus nun im BWaldG eine Reihe von ordnungsrechtlichen Restriktionen plant, die den Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirats und den Erwartungen der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer im Sinne einer absolut notwendigen Eigentümerautonomie in der Klimakrise diametral gegenüberstehen.“

In dem Brief werden sechs Forderungen erhoben:

1. Holzproduktion höher bewerten

Der Begriff der Waldfunktionen soll im neuen BWaldG durch denjenigen der Ökosystemleistungen ersetzt werden, wie die beiden Waldbesitzerverbände erklären. Sie sehen im Entwurf vor allem eine Geringschätzung der Holzproduktion, die in keiner Weise sachgerecht sei. Die Holzproduktion, erklären die Briefschreiber weiter, sei eine elementare Leistung des Ökosystems Wald und daher, auch im gesellschaftlichen Interesse, an erster Stelle zu nennen. Sie weisen auf die hohe volkswirtschaftliche Relevanz des Clusters Forst und Holz hin (187 Mrd. Euro Umsatz, 58 Mrd. Euro Wertschöpfung und über 1 Mio. Beschäftigte – diese vor allem im ländlichen Raum und mehr als in der gesamten Autoindustrie).

AGDW und FaBLF plädieren dafür, für ein höheres ‚Ranking‘ der Holzversorgung in der Reihe der vielfältigen Waldökosystemleistungen im BWaldG. Und weiter: „Der Wald und die Forstwirtschaft sind eine tragende Säule der Bioökonomie, Holz ist ein wesentliches Fundament für eine biobasierte Wirtschaft und ist deshalb an erster Stelle der Ökosystemleistungen des Waldes zu nennen.“

2. Keine weitere Bürokratisierung im Wald

Nach Informationen der beiden Waldbesitzerverbände soll künftig für Waldflächen über 250 ha ein Waldmanagementplan vorgeschrieben werden, der nicht nur zu einer Reihe von Punkten Aussagen treffen soll, sondern von einer Behörde genehmigt werden soll.

Dies macht nach Ansicht der Briefschreiber die Waldbewirtschaftung unnötig bürokratisch und aufwändig. Und sie raten dringend dazu, „von diesen Überlegungen Abstand zu nehmen“.

3. Kahlschlagsverbot fallen lassen

Wie AGDW und FaBLF erfahren haben, sollen „flächige Erntenutzungen“ künftig unter einen strengen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden und versagt werden, wenn die Fläche in absehbarer Zeit nicht bewaldet werden kann. Bei Flächen zwischen 1 und 2 ha sollen die Genehmigungsbedingungen noch restriktiver sein.

Die protestierenden Verbände geben die großen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten zu bedenken, die bei Wiederaufforstungen auftreten können. Daher, so die Einschätzung von AGDW und FaBLF, könne „die Genehmigungsbehörde per se immer Zweifel an der Durchführbarkeit der Wiederbewaldung geltend machen und damit die Genehmigung versagen“.

Außerdem geben die Verbände zu bedenken: „Waldumbau hin zu klimaresilienten Beständen, der gerade bei Lichtbaumarten wie der Eiche teilweise nur durch flächige Nutzungen möglich ist, wird so ein widersinniger Riegel vorgeschoben. Das Signal, das von einer solchen Regelung ausgeht, ist daher fatal.“

4. Befahrungsrestriktionen streichen

In dem Brief heißt es: „Geplant ist, die flächige Befahrung des Waldes zu verbieten.“ Ein solches Verbot ist nach Ansicht der beiden Dachverbände des Waldbesitzes „völlig unangemessen und stellt einen überzogenen Regulierungsansatz dar, der auf kein Verständnis bei den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern stoßen wird“.

AGDW und FaBLF erklären dazu: „Statt mit Verboten zu agieren, wäre der Gesetzgeber gut beraten, die Anreizinstrumente weiterzuentwickeln und in einem konstruktiven Miteinander die Waldbewirtschaftung zukunftsfest zu machen – Kooperation statt Ordnungsrecht!“

5. Aufgabenkatalog der Forstwirtschaftlichen Vereinigungen erweitern

In dem Brief wird daran erinnert, dass die Regierungsparteien sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, die Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse zu stärken.

Der Entwurf für ein neues BWaldG enthält nach Informationen der Briefschreiber als einzige Erweiterung des bisherigen Aufgabenkatalogs die „Geschäftsführung der Mitglieder“. Das geht den beiden Verbänden nicht weit genug.

Sie wollen, „dass Forstwirtschaftliche Vereinigungen ihren Mitglieds-Forstbetriebsgemeinschaften und den angeschlossenen Waldbesitzern ein umfassendes Dienstleistungsangebot unterbreiten können. Wir schlagen deshalb folgende Formulierung für den aktuellen § 37 Abs. 2 vor: Forstwirtschaftliche Vereinigungen sollten mindestens eine der folgenden Maßnahmen zur Aufgabe haben: 1. Unterrichtung, Beratung und Dienstleistungen für die Mitglieder und deren angeschlossene Waldbesitzende sowie Beteiligung an der forstlichen Rahmenplanung.“

6. Verkehrssicherungspflicht eingrenzen

In dem Brief stellen AGDW und FaBLF fest: „Es ist mehr als enttäuschend, dass das Thema Verkehrssicherung im Rahmen des Neuerlasses in keiner Weise aufgegriffen werden soll. Denn: Die Klimakrise hat vielerorts zur Destabilisierung der Wälder geführt, die von den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern nicht zu vertreten ist. Der Grundsatz, wonach ihnen Verkehrssicherungspflichten nur im zumutbaren Umfang zugeordnet werden dürfen, ist dadurch faktisch ausgehöhlt.“

Die beiden Verbände fordern, dass Waldbesitzer von den Verkehrssicherungspflichten entbunden werden, wenn sie Folgen einer Zerschneidung von Wäldern sind, wie sie aufgrund von Infrastrukturmaßnahmen oder für die Öffnung des Waldes zum Zweck der Erholung erfolgen.

Im Brief heißt es weiter: „Wir schlagen deshalb vor, im BWaldG zukünftig folgendes zu formulieren:

1. Entlang öffentlicher Verkehrswege haften Waldbesitzende nur für von ihnen selbst geschaffene Gefahren. Die Verkehrssicherung bei waldtypischen Gefahren obliegt den Trägern der Straßen-, Schienen- bzw. Energietrassenbaulast.

2. Bei der Durchführung von verkehrssichernden Maßnahmen sind die Zuständigen nach Absatz 1 Satz 2 verpflichtet, die betroffenen Waldbesitzenden rechtzeitig zu informieren und ihnen die Gelegenheit zu geben, die Maßnahmen selbst durchzuführen. Die Kosten von Maßnahmen nach Satz 1 tragen die Verkehrssicherungspflichtigen, die Verwertung dabei anfallenden Rohholzes obliegt den Waldbesitzenden. Im Falle einer Durchführung der Maßnahmen durch die Waldbesitzenden tragen die Verkehrssicherungspflichtigen die Kosten nur in dem Umfang, der ihnen auch bei eigener Durchführung entstanden wäre.“

Unterzeichnet ist der Brief von Prof. Dr. Andreas Bitter, dem AGDW-Präsidenten, und von Max von Elverfeldt, dem Bundesvorsitzenden der FaBLF.

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