NRW bietet Wiederbewaldungsprämie an

Für 400 gepflanzte Bäume, die Wälder klimastabiler machen, gibt es 800 Euro pro Hektar

Stürme, Hitze und Trockenheit sowie der starke Borkenkäferbefall der vergangenen Jahre haben auch dem Wald in Nordrhein-Westfalen stark zugesetzt. Das zuständige Ministerium (MLV) beziffert die Schadfläche auf rund 142.000 ha bei einer Gesamtwaldfläche von etwa 900.000 ha, auf rund einem Viertel der Fläche wachsen jedoch bereits wieder junge Bäume. Um die Wiederaufforstung weiter wirksam voranzutreiben, bietet das Land Nordrhein-Westfalen verschiedene Fördermöglichkeiten an, so etwa die Wiederbewaldungsprämie: Dieses neue Förderangebot können Waldbesitzer jetzt schnell und unkompliziert beantragen, so das Ministerium.

Der Vorsitzende des Gemeindewaldbesitzerverbandes, Bürgermeister Christoph Ewers (Bildmitte, helle Jacke) empfängt zusammen mit dem Netzwerk südwestfälischer Forstleute Vertreter aus dem Düsseldorfer Forstministerium im Warsteiner Stadtwald. Revierförster Henning Dictus (10 von links) führte die Exkursionsgruppe exemplarisch auf solche Kalamitätsflächen, auf denen die Stadt die Wiederbewaldung bereits ohne Landeshilfen aus dem eigenen Stadtsäckel angestoßen hat.

NRW-Forstministerin Silke Gorißen erklärte: „Wir wollen den Aufbau gesunder, klimastabilerer Mischwälder fördern. Deshalb unterstützt das Land den Waldbesitz auch finanziell bei der Wiederbewaldung. Die neue Wiederbewaldungsprämie ist eine besonders unbürokratische Förderung. Unsere Idee in Stichworten: Für 400 gepflanzte Bäume erhalten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer 800 Euro pro Hektar. Damit sollen standortgerechte Baumarten gepflanzt werden, die im Klimawandel bestehen. Ab sofort kann die Prämie beantragt werden.“ Bei dieser Prämie werden jedoch nur Baumarten vom Land gefördert, die nach dem Waldbaukonzept des Landes Nordrhein-Westfalen dafür geeignet sind, Wälder klimastabiler zu machen. Das Ministerium sieht als Vorteile dieser Wiederbewaldungsprämie: Sie sei schnell und unkompliziert von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern zu beantragen. Dieses neue Förderangebot ergänze zudem bereits bestehende Förderangebote der Förderrichtlinien „Extremwetterfolgen“.

Privatwald begrüßt neuen Förderansatz

Damit unternimmt das Ministerium einen neuen Versuch, den Waldbesitz praxisgerecht bei der Beseitigung der Schäden zu unterstützen. Laut Waldbauernverband NRW hatten bisherige Förderprogramme kaum das Vertrauen der Waldbesitzer gewonnen, weil sie zu kompliziert waren, immer wieder nachgebessert und verändert wurden und in einer anhaltenden Schadsituation diesen Ausmaßes nicht praxisgerecht waren. Viele Waldbesitzer hätten sich vor dem Hintergrund trockener Frühjahre schlichtweg nicht getraut, teure Förderpakete zu nutzen und sich der Gefahr auszusetzen, ständig nachbessern oder gar zurückzahlen zu müssen. Die Folge: Es wurde wenig mit Förderung aufgeforstet. Zum neuen Programm erklärt nun Heidrun Buß-Schöne, Geschäftsführerin des Waldbesitzerverbandes NRW: „Dieses Fördermodul ist aus Sicht des Waldbauernverbandes NRW geeignet, damit Waldbesitzende einfache Anträge stellen können und unkompliziert ihre Flächen mit standortgerechten Baumarten wiederaufforsten können. Durch die fehlenden Bindungsfristen müssen die Waldbesitzenden nicht das Risiko eingehen, dass Fördergelder zurückgezahlt werden müssen, weil beispielsweise das Frühjahr zu warm und trocken war und die Kultur ausgefallen ist. Die geringe, mindest-geforderte Stückzahl kann auf der Fläche ein ,Startschuss‘ sein, lässt Raum für Naturverjüngung und ermöglicht einen vielfältigen Neubeginn der Schadflächen, die nachfolgend in alle Richtungen klimaangepasst werden können. Bei der enormen Schäden in NRW brauchen wir einfache Angebote, um auf den riesigen Flächen zeitnah stabile Mischwälder auf den Weg zu bringen.

Das Angebot dieser Förderung begrüßt der WBV daher sehr! Für Waldbesitzende, die ihre Schadflächen in herkömmlicher Weise mit höherer Stückzahl aufforsten oder ganz auf Naturverjüngung setzen wollen, gibt es parallel dazu noch zwei andere Module zur Wiederaufforstungsförderung. Somit können die Waldbesitzenden nun aus drei verschiedenen Wiederaufforstungsförderungen das für sie Richtige bzw. für die jeweilige Fläche Optimale auswählen. Wir hoffen, dass die Waldbesitzenden das neue Angebot schnell kennenlernen, dass sie von den Försterinnen und Förstern dabei gut beraten und unterstützt werden und somit die Schadflächen in NRW sich schnellstmöglich in Mischbestände entwickeln können, die auf die Auswirkungen des Klimawandels bestmöglich reagieren können.“

Für Kommunalwald greift Prämie „praktisch nicht“

Auch beim Kommunalwald sieht man in der Wiederbewaldungsprämie eine gute Entwicklung. Bürgermeister Christoph Ewers (Brilon), der Vorsitzende des Gemeindewaldbesitzerverbandes NRW, erklärt zu diesem Instrument: „Der Gemeindewaldbesitzerverband begrüßt das niederschwellige Förderangebot zur Unterstützung der Waldbesitzenden bei der Wiederbewaldung. Das ist ein guter Ansatz zur Entbürokratisierung. Wir sehen in der Wiederbewaldungsprämie die große Chance, die Fördergelder schnell und unbürokratisch auf die Fläche zu bringen. Dass dies dringend notwendig ist, zeigt, dass bisher nur etwa 3 000 ha von 142 0000 ha Kalamitätsflächen mit Fördergeldern wiederbewaldet wurden.

Ein wichtiger Schritt zur Beschleunigung der Wiederbewaldung ist sicher auch, dass die Wiederbewaldungsprämie für alle standortgerechten Baumarten abrufbar ist. Dies ermöglicht den Waldbesitzenden eine breitere Baumartenauswahl. Eine deutliche Vereinfachung wird auch dadurch erreicht, dass das Waldbaukonzept und Herkunftsempfehlungen bei der neuen Maßnahme nicht beachtet werden müssen. Die Pflanzung spezieller Waldentwicklungstypen ist nicht vorgesehen. Ausgenommen sind hier Aufforstungen mit Fichte oder Weihnachtsbäumen.

Für den Kommunalwald greift die Prämie jedoch praktisch nicht. Zum einen handelt es sich um eine De-Minimis-Beihilfe. Zum anderen liegt die Bagatellgrenze für den Kommunalwald nach wie vor bei 12 500 Euro€. Es müssten fast 16 ha zusammenkommen, um die Bagatellgrenze zu erreichen. Gleiches gilt auch für die Förderung der Initialbegründung mit geringen Pflanzenzahlen durch Saat, Pflanzung oder Förderung vorhandener Naturverjüngung nach Flächenvorbereitung mit anschließender Pflege und Schutz gegen Wildschäden.

Da bei den Städten und Gemeinden aufgrund der vielfältigen Belastungen finanziell kaum noch Spielräume für die Finanzierung waldbaulicher Maßnahmen vorhanden sind, im Kommunalwald die Herausforderungen bei der Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen aber immens sind, haben wir die Herabsetzung der Bagatellgrenze zumindest für die Wiederbewaldungsprämie und für die Initialbegründung wie beim Privatwald auf 1000 Euro vorgeschlagen. Diese vertretbare Änderung könnte einen wesentlichen Beitrag zur schnelleren Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen in Nordrhein-Westfalen leisten. Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt keinen Spielraum für ein Herabsetzen der Bagatellgrenze.“

Der Vorsitzende Ewers appelliert an die Städte und Gemeinden, zugängliche Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Zu bisherig angebotenen Förderprogrammenerklärt er: „Die Wiederbewaldung zahlreicher Kahlflächen in den waldreichen kommunalen Forstbetrieben ist nicht nur eine waldbauliche Herausforderung. Der Aufbau klimastabiler Waldbestände überfordert auch den finanziellen Spielraum von Städten und Gemeinden, sodass notwendige Pflanzungsmaßnahmen im Wald noch in großem Umfang ausstehen. Gleichzeitig liegen bei der Landesregierung in Düs-seldorf für das Jahr 2023 Fördermittel zur Wiederbewaldung in Höhe von 70 Mio. Euro bereit. Da stellt sich die Frage, warum die Finanzhilfen bisher nur langsam den Weg vom zuständigen Landwirtschaftsministerium auf die einzelnen Waldflächen findet. Behindert zu viel Bürokratie den Wiederaufbau in den nordrhein-westfälischen Kommunalwäldern, wo die Wiederaufforstungen auf die finanzielle Unterstützung des Landes angewiesen sind?“ Ewers berichtet dazu: „Bei einem Treffen des ,Stimm-Stamm-Kreises‘, einem Netzwerk von Forstpersonal südwestfälischer Kommunen, konnten in diesem Herbst Fragen zur Förderrichtlinie mit hochrangigen Vertretern aus dem Düsseldorfer Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW geklärt und anhand von konkreten Beispielen im Wald nach pragmatischen Lösungen gesucht werden, wie die Hilfen besser im Wald ankommen können.

Mit den Forstleuten des ,Stimm-Stamm-Kreises‘ aus den Kommunen Arnsberg, Brilon, Hagen, Hallenberg, Hemer, Iserlohn, Meschede, Rüthen, Schmallenberg, Sundern, Warstein, Winterberg sowie dem Gemeindeforstamt Willebadessen und dem Ruhrverband waren etwa 50 000 ha Waldfläche kommunaler Forstbetriebe vertreten. Diese stehen vor der Herkulesaufgabe, 17 000 ha Kalamitätsfläche wieder in Bestockung zu bringen. Bei der Exkursion im Warsteiner Wald wurde den Vertretern aus der Ministerialforstabteilung, Ministerialrat Dr. Rainer Joosten und Dominik Bickschäfer (Referat Haushalt, Landeseigner Forstbetrieb und Forstpolitik), erläutert, warum die an dem Ortstermin teilnehmenden Kommunen den Fördertatbestand der Wiederbewaldung aus der ,Extremwetterrichtlinie‘ bisher nicht genutzt haben. Bei dem sehr konstruktiven Austausch wurden die Gründe deutlich, warum der Aufbau von klimaresilienten Mischbeständen mit Düsseldorfer Fördergeldern bislang kaum gelingt: Die Welten der aus verschiedenen rechtlichen Gründen komplexen Förderbürokratie und das Streben nach unbürokratischer Unterstützung der Wiederbewaldung prallen aufeinander! Es ist nicht nur der Aufwand zur Antragstellung. Die theoretischen Anforderungen der Förderrichtlinie lassen sich oft nur schwer 1:1 auf der Fläche umsetzen. Die Idee der Richtlinie, nicht einzelne Pflanzen zu fördern, sondern die Auf-forstung standortgeeigneter Baumartenmischungen, die in den kommenden Jahren zu einem klima-angepassten Mischwald heranwachsen sollen, pauschal zu fördern, wird von den Forstleuten begrüßt. Aber der Teufel liegt oft im Detail, wie draußen im Wald schnell deutlich wurde. Wie sind einzelne Passagen der Förderrichtlinie auszulegen und wer legt sie aus? Wann drohen Rückzahlungen, wenn der Wald anders wächst als bei der Förderung gedacht und angestrebt?

Die Vertreter des Ministeriums erläuterten bei dem Treffen einige bereits erfolgte Anpassungen der Richtlinie. Im Nachgang zu dem Ortstermin hat das MLV noch einmal die Regionalforstämter aufgefordert, die bestehenden Ermessungsspielräume möglichst weit im Sinne der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer auszulegen. Dadurch sollen ausreichend Spielräume für die Planung und Umsetzung von Wiederbewaldungsmaßnahmen im Rahmen der Förderrichtline Extremwetter vorhanden sein.“

www.wald-und-holz.nrw.de/forstwirtschaft/foerderung/extremwetter

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