»Von der Verunsicherung zur Versicherung«

Sägeindustrie arbeitet an Lösung für bessere Versicherungsfähigkeit von Sägewerken und bei der Feuerversicherung

Die Feuerversicherung ist für Sägewerksbetriebe in Deutschland – vor allem in den letzten zwei Jahren – zu einem sich immer weiter verschärfenden Problem geworden. Laut einer Umfrage unter Mitgliedsbetrieben des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbands (DeSH) haben aktuell nur noch 77 % der Sägewerke eine ungekündigte Feuerversicherung. Noch bis vor zwei Jahren waren es über 90 %. Am 10. April lud der DeSH zu einer Veranstaltung nach Böhen im

Im Sägewerk Wanner, das die Teilnehmer im Anschluss an die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung besuchten, sind seit knapp zwei Monaten die beiden vorgestellten Systeme von Dapona – im Bild links einer von 23 verbauten Sensoren auf einem Motorengehäuse – und Avian verbaut, im Bild rechts eine von vier bi-spektralen Kameras, mit denen die Sägewerkshalle vollständig überwacht wird. Fotos: J. Härer

Unterallgäu, um über den Stand der Verbandsarbeit zu einem Lösungsansatz für dieses Problem zu berichten und zwei technische Varianten zum Anlagenmonitoring vorzustellen, die einen Teil dieses Lösungsansatzes ausmachen. Im Anschluss an die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung besichtigten die Teilnehmer im Sägewerk Wanner beide technischen Varianten im Einsatz, die dort seit knapp zwei Monaten verbaut sind. Sowohl der Veranstalter als auch die Gastgeber, Vater Georg und Sohn Peter Wanner, zeigten sich über die große Resonanz sehr erfreut: Rund 100 Teilnehmer kamen, darunter auch rund ein Dutzend Vertreter aus der Versicherungswirtschaft.

Schmidt nahm zum Einstieg Bezug auf die verbandseigene Umfrage zur Feuerversicherung in Sägewerken vom Oktober letzten Jahres (vgl. HZ Nr. 3 vom 19. Januar, Seite 42). Demnach sind 13,3 % der Sägewerksbetriebe in Deutschland nicht versichert, weiteren 9,3 % wurde von Seiten der Versicherungsgesellschaften bereits gekündigt. Vor allem kleine und mittlere Betriebe sind von den steigenden Anforderungen der Versicherer zur Installation einer Sprinkleranlage betroffen, aber mangelnder Versicherungsschutz betrifft mittlerweile Betriebe aller Größenklassen. Von den Sägewerken mit einer Versicherungssumme bis zu 5 Mio. Euro besitzen nur 6 % eine Sprinkleranlage. DeSH-Vorstand Peter Fickler, der selbst ein Sägewerk im Allgäu betreibt, betonte, dass mittlerweile kein Sägewerk mehr vor der Kündigung der Feuerversicherung seitens der Versicherer sicher sei, auch nicht mit Brandmelde- und Sprinkleranlage.

Horst-Peter Stein, freier Versicherungsvermittler mit 45 Jahren Erfahrung und in Rente den DeSH beratend, erklärte den Anwesenden die Hintergründe eines starken Wandels im Bereich der Versicherungen für die Sägewerksbetriebe in Deutschland. Gab es noch vor zehn Jahren rund 30 Anbieter von Feuerversicherungen für Sägewerke, so haben u. a. strengere Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Fusionen von Versicherern, eine abnehmende Sozialfunktion bei den Versicherern und eine zunehmende Verweigerungshaltung gegenüber sog. unerwünschten Risiken dazu geführt, dass es heute für Neuversicherungen keinen nationalen Anbieter mehr gibt. Gleichzeitig seien die Versicherungsprämien stark gestiegen, so Stein: Von einer Standardprämie von rund 2,5 Promille des Versicherungswerts eines Betriebs vor zehn Jahren – damals noch ohne Sprinkleranlage – auf heute rund 10 Promille.

Die Abdeckung der Sägewerksbetriebe mit einer Feuerversicherung schätzte Stein allerdings noch schlechter ein, als es die DeSH-Umfrageergebnisse zeigen: Denn häufig werde in einer bestehenden Versicherung der Versicherungswert unterschätzt und auf eine Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung verzichtet, während zugleich hohe Selbstbeteiligungen festgeschrieben seien.

Immer wieder – auch bei Äußerungen von Teilnehmern – wurde, verglichen mit anderen Betrieben der Holzindustrie und des Holzhandwerks, eine besonders rigorose Einschätzung der Versicherungsrisiken bzw. der geforderten Versicherungsvoraussetzungen in der Sägewerksbranche seitens der Versicherer angesprochen. Stein sagte dazu an die Versicherer gewandt, es dürfe keine prinzipielle Exit-Strategie für die Sägeindustrie geben: „Mangelnder Versicherungsschutz gefährdet die Zukunft der Branche.“

Der Verband beschäftigt sich in den letzten Jahren mit möglichen Lösungsansätzen, u. a. wurde 2019 gemeinsam mit der VdS Schadenverhütung GmbH – eine Tochtergesellschaft des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) – ein Leitfaden zum Brandschutz in Sägewerken herausgegeben, und 2022 eine Studie beim Ferdinand-Steinbeis-Institut, Heilbronn, zur Brandvermeidung in Sägewerken durch permanentes Monitoring von Maschinen und Anlagen in Auftrag gegeben. Letztere als Beitrag eines auf zwei Säulen ruhenden Konzepts des DeSH, das Schmidt auf der Veranstaltung vorstellte, und das laut Stein wieder zu einem funktionierenden Markt für Versicherungen für Betriebe der Sägeindustrie führen soll.

Neues Versicherungsmodell für Säge- und Holzindustrie

Die wahrgenommene „Abwärtsspirale“ im Markt für Versicherungen – zu der ein steigender Schadensaufwand für die Versicherer, der trotz steigender Prämien nicht aufgefangen werden kann, die Ausrichtung auf Brandmeldung und -bekämpfung verbunden mit der fehlenden Bereitschaft, auch Technologien zur Brandvermeidung zu unterstützen, sowie ein pauschalisiertes Rating der Branchenbetriebe, das die Anstrengungen des einzelnen Unternehmens nicht berücksichtigt, beitragen – will der DeSH mit einem neuen Versicherungsmodell für alle Unternehmen der Säge- und Holzindustrie aufhalten. Denn auch ein stetig wachsender Anteil von DeSH-Mitgliedsbetrieben, die kein Sägewerk betreiben, ist davon betroffen. Darin ist eine Säule die Priorität der Brandvermeidung vor Brandbekämpfung und Schadensregulierung, die andere ein gemeinschaftliches Deckungskonzept. Der Verband kommunizierte deutlich, dass aktuell Verband und Branchenunternehmen aufgefordert sind, tätig zu werden und Vertrauen auf Seiten der Versicherer zu schaffen.

Ein Brandschutzzertifikat auf Grundlage des VdS-Leitfadens 3520:2019-05 (01) zum Brandschutz in Sägewerken soll insbesondere bauliche und organisatorische Standards zur Vermeidung von Bränden festlegen, ergänzt um KI-gestützte Brandprävention mittels Sensorik und optischer/thermischer Kameratechnik. Aus den mit Sensoren und Kameras permanent generierten Daten sollen unternehmensspezifische Risikoberichte generiert werden, die wiederum Versicherern zur Verfügung gestellt werden können. Für die Auditierung eines solchen Zertifikats liefen bereits Gespräche, so Schmidt. Straffes Risikomanagement und Transparenz sollen zu erhöhten Sicherheitsstandards führen und bei Versicherern das nötige Vertrauen begründen. Sichere Betriebe könnten so von unsicheren unterschieden werden.

Das Sägewerk Wanner gehört mit 13 Mitarbeitern und einer Einschnittleistung von knapp 20 000 Fm im Ein-Schichtbetrieb zur Betriebsgrößenklasse der am stärksten von der sich verschärfenden Situation auf dem Markt für Feuerversicherungen betroffenen Sägewerke.

Zudem schlägt der DeSH eine Clusterung der Versicherungsnehmer nach der Betriebsgröße vor: Für Betriebe mit einer Versicherungssumme bis zu 10 Mio. Euro könnte grundsätzlich die zertifizierte Brandprävention für eine Feuerversicherung als hinreichend etabliert werden, bei einer Versicherungssumme von 10 bis 20 Mio. Euro würden Brandbekämpfungsmaßnahmen als Voraussetzung dazukommen und über 20 Mio. Euro Versicherungssumme eine Sprinkleranlage.

Neben dem Brandschutzzertifikat bildet die Bündelung finanzieller Risiken die zweite Säule des vorgeschlagenen Versicherungsmodells. An einem solchen gemeinschaftlichen Deckungskonzept müssten sich zum Start zumindest 50 Unternehmen beteiligen. Die Voraussetzungen für eine Beteiligung wären die Zertifizierung des einzelnen Betriebs nach den Anforderungen des vorgeschlagenen Brandschutzzertifikats und eine erhöhte Selbstbeteiligung von mindestens 10 % der Versicherungssumme, verbunden mit einer Kappungsgrenze bei 1,5 Mio. Euro.

Zu diesem Modell sei man bereits mit einem möglichen Partner im Gespräch, so Schmidt. Im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres soll die Ausgestaltung weiter konkretisiert werden, und ab dem nächsten Jahr soll das neue Versicherungsmodell starten.

Wie das Interesse in der Branche und die Bereitschaft zu einem Versicherungswechsel bzw. einer Beteiligung an dem skizzierten Versicherungsmodell ist, hat der DeSH im Januar unter insgesamt 816 Branchenunternehmen abgefragt, von denen 60 % nicht im DeSH organisiert sind. Mit einer Rücklaufquote von 11 % sind fundierte Aussagen zur Interessenlage in der Branche möglich: Demnach wären 55 % der Unternehmen grundsätzlich zu einem Versicherungswechsel bereit, weitere 28 % unter bestimmten, individuellen Voraussetzungen. Erwartungsgemäß ist die Bereitschaft abhängig von der Betriebsgröße: bis zu einer Versicherungssumme von 50 Mio. Euro bzw. bei Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern liegt die Bereitschaft bei über 80 %. Aber auch bei größeren Betrieben, die alle mit einer Sprinkleranlage ausgestattet sind, liegt die Bereitschaft bei 50 %.

Zur ersten Säule des angestrebten Versicherungsmodells, der Brandvermeidung, stellten zwei Unternehmen ihre technischen Lösungen vor, die im Anschluss auch im Sägewerk Wanner besichtigt werden konnten. Zur zweiten Säule, dem gemeinschaftlichen Deckungskonzept, sollen in diesem Jahr weitere Veranstaltungen stattfinden.

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